Das schneeweiße Hühnchen
Erzählt von Roth Stein
Frei nach Motiven von Ernst Moritz Arndt
In Gurvitz, etwa eine halbe Meile von Rambin entfernt, lebten einmal ein Weber und seine Frau. Sie waren freundliche und fleißige Menschen und hatten viele liebe Kinder, obwohl ihnen die Weberei ein recht klägliches Einkommen bescherte. Ihr jüngstes und zartestes Kind war ein kleines Mädchen mit Namen Christine. Sie war acht Jahre alt und hatte ein sehr offenes Wesen. Viele Dinge, die sich für die meisten unbemerkt, zwischen Himmel und Erde zutragen, blieben der kleinen Christine nicht verborgen. Sie verstand die Sprache der Tiere und Blumen und daher war es ihr größtes Vergnügen, draußen im Garten bei Wind und Wetter zu spielen. Sie liebte all die Dinge, denen sie dort in der freien Natur begegnete, so sehr, dass sie ganze Tage und Wochen dort im Garten spielen konnte, ohne noch etwas anderes als all die Blumen und Büsche, die Kätzchen und Zieglein, die Amseln und Spatzen, die dort in den Zweigen sangen, zu brauchen. Mit ihnen lebte, spielte und redete sie, als wären es Menschen gewesen. Erst wenn abends die Sonne untergegangen war, kam Christine ins Haus, immer ausgelassen und fröhlich, aß zu Abend und schlief dann glücklich und zufrieden ein.
Nun geschah es aber, dass Christine einmal, als es abends das Haus betrat…